Die Ausrichter rund um Turnierdirektor Jürgen Grastat, in diesem Jahr seine letzten Schachtage leiten sollte, wollten das Dortmunder Sparkassen Chess-Meeting 2002 zu einem herausragenden Sportereignis machen. Das gelang ihnen neben der Unterstützung des Titelsponsors Stadtsparkasse Dortmund, durch den zusätzlichen Sponsor "Einstein Gruppe". So wurde 2002 das WM-Kandidatenturnier nach Dortmund geholt.
So ging es in diesem Jahr nicht nur um den Turniersieg in einem der prestigeträchtigsten Schachturniere der Welt, sondern um einen Platz im WM-Kampf gegen Wladimir Kramnik.
Kramnik ist zwar in Dortmund vor Ort, doch nimmt daher 2002 nicht selbst am Turnier teil. Sieben der acht Großmeister zählen zur absoluten Weltspitze. Hinzu kommt der deutsche Teilnehmer Christopher Lutz. Gespielt wird ausnahmsweise in zwei Gruppen a vier Spieler, doppelrundig jeder gegen jeden. Nach sechs Spieltagen stehen somit die Halbfinalisten fest, die dann über vier klassische Partien die Endspielteilnehmer ermitteln. Im Finale geht es noch einmal über vier klassische Partien.
Weltmeister Kramnik vor dem Turnier:
"Das wird ein knochenharter Wettkampf. Wer immer in Dortmund über 14 klassische Partien und möglichen Tie-Breaks triumphieren wird, ist ein würdiger Herausforderer."
Das Event findet im Goldsaal der Westfalenhallen Dortmund statt, sodass bis zu 800 Zuschauer Platz finden. Unter den Teilnehmern finden sich alle WM-Aspiranten dieser Zeit mit Ausnahme von Garri Kasparow: Nach seinem Auftritt 1992 kommt er 2002 nicht nach Dortmund zurück, da er erfolglos ein sofortiges Re-Match gegen Kramnik fordert und sich somit der Herausforderung Kandidatenturnier nicht stellt.
Die Gruppenphase überstehen vier namhafte TOP TEN der Welt Großmeister:
Gruppe 1: 1. Alexej Schirow (Spanien) 4,0 Punkte (qualifiziert für das Halbfinale) 2. Weselin Topalow (Bulgarien) 4,0 (qualifiziert für HF) 3. Boris Gelfand (Israel) 2,5 4. Christopher Lutz (Deutschland) 1,5 Gruppe 2: 1. Jewgeni Barejew (Russland) 4,0 Punkte (qualifiziert für HF) 2. Peter Leko (Ungarn) 3,5 (qualifiziert für HF) 3. Michael Adams (England) 2,5 4. Alexander Morosewitsch (Russland) 2,0
Am Ruhetag spielen dann Weltmeister Kramnik und der Dortmunder Shootingstar Arkadij Naiditsch simultan gegen jeweils 25 Gegner im Rahmen der Stadtsparkasse. Naiditsch und David Baramidze sammeln während des Kandidatenturniers ebenfalls Bühnenerfahrungen: Baramidzes Wettkampf gegen Alisa Maric endet mit einem 4,5-3,5 Sieg, während Naiditsch gegen Schachlegende Jan Timman zu einem 4-4 kommt. Außerdem vor Ort: Dr. Vitali Klitschko. Der Boxweltmeister spielt eine Schaupartie gegen Kramnik (Foto Christian Lünig), der am selben Abend noch im ZDF Sportstudio sitzt.
Im beliebten Live-Kommentar des Großmeisterturniers wird weiterhin per Earclip-Technik zu den Zuschauern übermittelt. Als Experten sind die beiden deutschen Großmeister Dr. Helmut Pfleger und Klaus Bischoff wieder vor Ort, verstärkt durch Bundestrainer Uwe Bönsch.
Im Halbfinale des Hauptturniers setzt sich Peter Leko überraschend deutlich vorzeitig gegen Schirow durch. Nach drei Partien hat er bereits die nötigen 2,5 Punkte gesammelt. Weselin Topalow kann hingegen im zweiten Halbfinale in der vierten Partie mit einem Sieg zum 2-2 gegen Ewgeni Barejew ausgleichen und gewinnt am folgenden Tag den Tiebreak.
Das Finale heißt somit Peter Leko gegen Weselin Topalow. Durch zwei Siege in den ersten beiden Finalpartien hat Leko früh eine Vorentscheidung getroffen, doch verliert Partie 3 mit Weiß. Mit einem starken Auftritt in der vierten Partie gerät Leko mit Schwarz allerdings kaum in Verlustgefahr und steht durch das remis nach 61 Zügen als Sieger des Kandidatenturniers fest! Er tritt in der Folge im WM-Match in Brissago gegen Kramnik an.
Den Preis für die beste Partie des Turniers erhält ebenfalls der Turniersieger für seinen Schwarzsieg im Halbfinale:
Peter Leko, Foto von Christian Lünig
Einstiegsbild: Eröffnungszug durch Innenminister Otto Schily, Foto von Christian Lünig